Eines der ältesten und schönsten Fachwerkhäuser des Bergischen Landes ist die ehemalige Herberge in Hohkeppel. Gelegen an der Höhenstraße, die von der Rheinniederung in Lohmar bei Siegburg auf den Rücken zwischen Sülz und Agger hinaufsteigt und über Hohkeppel und Lindlar weiter nach Osten führt ohne tiefe Täler queren zu müssen, diente die gut 400 Jahre alte Herberge als Unterkunft, Gasthaus, Wohnhaus und später als Pfarrheim. In den 1960er Jahren sowie 2013 aufwändig renoviert, mit Ried gedeckt, gehört sie heute der Gemeinde Lindlar, betreut vom Heimatverein Hohkeppel.
Der 1954 – also vier Jahre vor der „1000-Jahr-Feier“ Hohkeppels – gegründete Heimatverein Hohkeppel hat neben zahlreichen erstaunlichen Aktivitäten auch den Erhalt der alten Fuhrmannsherberge „Weissen Pferdchen“ zu einer seiner zentralen Aufgaben gemacht, darüber hinaus unter Federführung von Anne Scherer auch die Geschichte vortrefflich beschrieben:
DIES: HAUS: STEHET: IN GOTTES HAND: IM WEISSEN PFERT: IST ES GENANDT: ANNO 1612
Diese Inschrift enthüllt Namen und Erbauungsjahr des Hauses – nicht jedoch den Erbauer, der unbekannt ist. Der mit 1612 datierte Gebäudeteil erhielt 1688 nach Osten hin eine Erweiterung, wie der Balken über der zweigeteilten Eingangstür – einer bergischen Klöntür – zeigt.
Name, Lage und Ausstattung des „Weissen Pferdchens“ weisen auf uralte Wegeverbindungen nach Bonn und Köln hin und belegen die Funktion als ehemalige Fuhrmannsherberge. Neben Kaufleuten bewegten sich auch Reisende und Pilger über die Höhenwege zu ihren Zielen. Bei der Rast hier in Hohkeppel konnte man sich erfrischen, kühles Wasser trinken und die Tiere tränken. Der Kessel über dem Feuer hielt eine warme Mahlzeit bereit. Der Schankraum mit Theke bot Proviant für die Weiterreise. Im Eingangsbereich ist alles noch erhalten: ein 10 Meter tiefer Brunnenschacht, die rauchgeschwärzte Bruchsteinwand der Feuerstelle, der ehemalige Schankraum. Erhalten ist auch eine Besonderheit, das Doppelplumpsklo, das man im Duett nutzen konnte.
Wie lange das Gebäude als Fuhrmannsherberge diente, ist nicht überliefert. Kurz nach dem Tod des Besitzerehepaars Heinrich Müller und Clara Sibilla 1781 begann der Neubau des Gasthauses „Hohkeppeler Hof“ mit großen Stallungen, das 1784/85 fertiggestellt wurde. Man vermutet, dass ab dieser Zeit das alte Gasthaus seine Bedeutung einbüßte. 1823 bis 1836 entstand die „Preußische Staatsstraße“, die heutige Bundesstraße 55 von Köln nach Olpe. Das Reisen wurde nun leichter, und die Dörfer und ihre Gasthäuser auf den Höhen verloren in der Folge an Bedeutung.
Eine unverheiratete Tochter der Familie Müller, Anna Catharina, vermachte am 11.10.1825 das Haus „Weissen Pferdchen“ mit den zugehörigen Gebäuden und Ländereien der Kirche. Die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius nutzte es in den letzten Jahrzehnten als Pfarrheim und stellte es auch den Ortsvereinen und Privatpersonen für Veranstaltungen zur Verfügung. Im Jahr 2008 wurde die Gemeinde Lindlar Eigentümerin im Wege eines Tausches gegen Baugrund am Wiedenhof. Der Heimatverein Hohkeppel ist heute Mieter des Objektes, der es verwaltet und die Nutzung regelt; ein Treffpunkt für Familienfeiern und Wandergruppen.
Demnächst wird das Haus „Weissen Pferdchen“ wieder als Pilgerherberge angeboten, denn nach neuesten Forschungen (u.a. von Dr. Herbert Nicke) durchquerte der mittelalterliche Fernhandels- und Heerweg „Heidenstraße“ (Leipzig –Köln) unser komplettes Gemeindegebiet von Ost nach West in zwei getrennten Routen über Lindlar und Hohkeppel, führte weiter nach Immekeppel,Bensberg und Köln. Die Heidenstraße wurde auch im Mittelalter schon als Pilgerweg nach Santiago de Compostela genutzt und wird derzeit als Jakobusweg (gelbe Muschel auf blauem Grund) wiederbelebt. In Frankenforst fällt die Heidenstraße mit der in unserem Raum bekannteren Brüderstraße zusammen.
Quelle: Text A. Scherer - R. Wagner, Fotos Gemeindearchiv Lindlar